Wer am 8. März, dem Internationalen Frauentag das FRIEDA-Beratungszentrum für Frauen betritt, wird mit roten Nelken und Glückwünschen zum Internationalen Frauentag empfangen. Ein scheinbar normaler Dienstag wird zum Feiertag. Das ist bemerkbar im Beratungszentrum: Wie jeden Dienstag versammeln sich junge Eltern mit Kindern im gemütlichen Café. Und wie jeden Dienstag fehlt es nicht an regen Gesprächen – doch heute klingt am lautesten der Internationale Frauentag durch!
Das macht sich auch in unseren Aktivitäten außerhalb des Beratungszentrums am 8. März bemerkbar.
Am Vormittag sind wir bei der Abschlussveranstaltung der Kampagne „16 Tage – 16 Bundesländer-Tour zum Jubiläum der autonomen Frauenhäuser“ auf dem Potsdamer Platz dabei. Der Tourbus unterstreicht das Motto: „Gewalt gegen Frauen beenden! 40 Jahre Autonome Frauenhäuser in Bewegung – Finanzierung jetzt sichern!“. Und Klappstühle, die die Frauenhaussituation in den Bundesländern symbolisieren, machen deutlich: Ausruhen ist nicht! So bietet Berlin pro 7897 Einwohner*innen nur einen Platz im Frauenhaus. Das FRIEDA-Frauenzentrum e.V. unterstützt die Forderungen der Kampagne und verfolgt nachdenklich und begeistert die politische Theaterinszenierung „Die Rosarote Brille“ der Frauentheatergruppe Madalena. Pressemitteilungen, Berichte und Fotos der bundesweiten Kampagne finden sich auf der Seite der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser.
Auch am Nachmittag sind wir weiter unterwegs und beteiligen uns an der Kreuzberger Demonstration unter dem Motto „We take back the power“. Frauen verschiedenster Hintergründe, mit oder ohne Papiere fordern gemeinsam: fight against the capitalist patriarchy and decide for yourself in all areas of life. For a society without colonialism and capitalism! (Kämpfe gegen das kapitalistische Patriarchat und entscheide in allen Lebensbereichen für dich selbst. Für eine Gesellschaft ohne Kolonialismus und Kapitalismus!) Eine Fotodokumentation dazu findet sich beispielsweise auf der Internetseite des International Women Space.
Am Abend finden wir uns zur jährlichen Vergabe des Berliner Frauenpreises ein. Das besondere Engagement von Gabriele Heinemann, Leiterin des Mädchentreffs „Madonna“, wird geehrt. Seit Jahren setzt sie sich für soziale Gerechtigkeit, Integration und für Gewaltprävention mit Mädchen ein. Wir gratulieren!
Am Internationale Frauentag 2016 schauen wir aber nicht nur auf unser unmittelbares Umfeld. Und es ist bezeichnend, dass wir diesen besonderen Tag nicht losgelöst von unserem Alltag sehen können. Denn auch an diesem einen Tag, der hervorgehoben wird, um unterschiedlichen Frauen eine Stimme zu geben, wird dieses Recht der Selbstbestimmung bedroht und systematisch verneint. Viele Frauen und Mitdemonstrant*innen bekommen das auch am 8. März zu spüren und wir solidarisieren uns mit ihnen.
In Istanbul werden öffentliche Kundgebungen und Demonstrationen zum Internationalen Frauentag verboten. Und trotzdem versammeln sich hunderte von Frauen in Istanbul und Ankara, um gegen die diskriminierende Frauenpolitik Erdogans zu protestieren. Die Reaktion der Polizei: Auflösung der friedlichen Demonstrationen mit Gummigeschossen und Festnahmen von Frauen.
In Deutschland feiern kurz nach dem Internationalen Frauentag am 13. März bei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt die AfD und ihre Anhänger Wahlerfolge. Nicht nur, dass in den Wahlprogrammen der AfD Frauenrechte beschnitten werden, auch die rassistischen Grundgedanken dieser rechten Partei widersprechen feministischen Ansprüchen und stehen den Forderungen des Internationalen Frauentags entgegen.
Zwei Tage zuvor am 11. März begehen wir mit Claudia von Gélieu, zahlreichen Besucherinnen und dem FFBIZ – das feministische Archiv den Ort, an dem bis 1974 ein Frauengefängnis stand: Barnimstraße 10. Mit einer Führung und einer Lesung verdeutlicht die Expertin für Frauengeschichte einmal mehr, die Wichtigkeit des Internationalen Frauentags und eines beständigen Kämpfens um Frauenrechte.
Am 17. März wird durch persönliche Berichte von Emsal Kiliç, Ebru Taşdemir, Hadnet Tesfai und Naomi Beukes-Meyer im Berliner Frauensalon mit dem Titel Stolpersteine und Stepping Stones der besondere Kampf von Frauen deutlich, die in Deutschland beständig mit Rassimus konfrontiert sind. Kurz vor dem Equal Pay Day, der 2016 am 19. März ist, wird unter anderem auf die schlechtere Bezahlung von Women of Colour aufmerksam gemacht.
Wir schließen den März mit einer Finissage zur Ausstellung “Kein Recht, sie selbst zu sein.” von Natalia Roi. Die Themen des Abends sind aus den Lebenswirklichkeiten von lesbischen Frauen in der Ukraine gegriffen. Die Stärke der Frauen beeindruckt uns und es wird wieder deutlich:
Wir können nicht stillhalten, es gibt einiges zu tun!